Zum Begriff Solidarität

Was bedeutet der Begriff Solidarität 
- wenn die EU und allen voran die Bundesregierung Deutschland aus Profitinteresse die Freigabe der Patente auf Impfstoffe verhindert?
- wenn in Deutschland das Boostern für alle und jeden, Gesunde und Kinder, empfohlen wird, obwohl die WHO selbst davor warnt, dass das zu einer Verlängerung der Pandemie führen wird?
(Quellen und Infos dazu siehe unten)

Geht es also um Solidarität nur in Bezug auf nationalistische, sprich deutsche, Interessen? 
Was soll mit der Verwendung von undifferenzierten Begriffen wie Solidarität und Egoismus bewirkt werden?
Ein solcher Gebrauch von Begriffen nennt man Parolen. Parolen dienen nicht der Information oder Aufklärung, sondern der Agitation. Muss nicht schlecht sein, aber ist immer Verkürzung und Polarisierung. 

Empfehlenswert dazu eine Podiumsdiskussion der "Frankfurter Interdisziplinären Debatte" u.a. der Goethe Universität und des Leibnitz-Instituts zur Zukunft der Solidarität. Auszüge:

Krisen sind Hochzeiten der „Solidarität“. (…) Solidarität kann auf ganz viele Weisen begründet werden: nationalistisch, anti-nationalistisch, religiös oder humanitär, zur Ausführung oder zur Verhinderung einer Straftat.
(...)
So entstehen Solidaritätswidersprüche.
(...)
Den Begriff Solidarität appellhaft zu verwenden, reicht nicht. Das ist letztlich auch der Unterschied zu einem autoritären System.

 

 

Quellen und Infos:

TRIPS, eines der bindenden Abkommen der Welthandelsorganisation WTO, regelt den Schutz geistigen Eigentums im internationalen Handel. Seit über einem Jahr fordert eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten der WTO einen TRIPS-Waiver, also eine Aussetzung ein­iger Bestimmungen des Abkommens für die Dauer der Corona-Pandemie, sodass weltweit mehr und günstiger Impfstoffe und Medikamente zur Eindämmung von Covid-19 hergestellt werden können.

Mit ihrer Weigerung, geistige Eigentumsrechte auszusetzen und das Produktionswissen von Pharma- und Medizinkonzernen international zu teilen, verlängerte die bisherige Bundesregierung die Corona-Pandemie, statt international solidarisch zu handeln. Neue, möglicherweise noch gefährlichere Virusmutationen können sich global verstärkt dort entwickeln und ausbreiten, wo sie auf viele ungeschützte, ungeimpfte Menschen treffen – deshalb muss eine Pandemie weltweit bekämpft werden, wenn sie enden soll.

Während in wohlhabenderen Staaten die Impfungen voranschreiten und die Bevölkerungen zu 70 bis nahezu 100 Prozent geimpft sind, gibt es in einigen ärmeren Ländern bisher noch überhaupt keine Impfungen, in zahlreichen anderen liegt die Quote der Geimpften bei unter fünf Prozent. Auf die Wartebank der Weltgemeinschaft werden vor allem Menschen in Südasien, Afrika und Lateinamerika gesetzt. Nach jetzigem Stand wird daher in einem großen Teil der Welt erst ab 2023 eine ausreichende Im­muni­tät der Bevölkerung erreichbar sein, in einzelnen Ländern möglicherweise noch später – und auch das nur, wenn diese Voraussetzungen nicht immer neue, immer an­steck­en­dere Virusmutationen erzeugen.

Die Mitgliedsstaaten der WTO könnten im Konsens jederzeit den TRIPS-Waiver beschließen. Die große Blockiererin des Waivers ist nach wie vor die EU, angeführt von Deutschland.

Der Koalitionsvertrag der Ampelregierung sieht zwar als Maßnahme zur weltweiten Eindämmung der Pandemie die Abgabe von Impfstoff an die COVAX-Initiative vor, jedoch nicht eine zeitweise Freigabe der Covid-19-Patente. Am vergangenen Montag haben wir deshalb mit Aktionen vor dem Bundesgesundheitsministerium, der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin und dem Firmensitz von Biontech für eine Aussetzung des Patentschutzes demonstriert, und mit diesem Engagement werden wir weitermachen. Wir fordern die neue Bundesregierung eindringlich auf, die Blockade des TRIPS-Waivers zu beenden. Es kann nicht sein, dass die Profite von Pharmafirmen schützenswerter sind als Menschenleben in ärmeren Teilen der Welt.
https://www.attac.de/presse/detailansicht/news/impfpatente-protest-vor-…

Booster-Impfungen in reichen Ländern verlängern laut WHO die Pandemie

Reiche Länder sind mit ihren Auffrischungsimpfungen für alle nach Überzeugung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wahrscheinlich für eine Verlängerung der Corona-Pandemie verantwortlich. Wären die dafür verwendeten Impfdosen an Gesundheitspersonal und gefährdete Menschen in ärmere Länder gegangen, hätten schon im September 40 Prozent der Menschen in allen Ländern geimpft werden können.

Die WHO geht davon aus, dass bei einer globalen Impfrate von 40 Prozent in jedem Land die akute Phase der Pandemie beendet wäre. Stattdessen verpassten mehr als die Hälfte der WHO-Mitglieder das 40-Prozent-Ziel auch bis Ende des Jahres, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Flächendeckende Auffrischungsprogramme werden die Pandemie wahrscheinlich verlängern, anstatt sie zu beenden“, sagte er.

Das liege daran, dass Impfdosen in Länder geliefert würden, die bereits eine hohe Durchimpfungsrate haben. Diese Impfdosen fehlten in ärmeren Ländern. Das gebe dem Virus die Gelegenheit, sich in unterversorgten Gegenden auszubreiten und dort neue Varianten zu bilden. Auch der unabhängige Impfrat Sage, der die WHO berät, sprach sich klar gegen allgemeine Booster-Impfprogramme aus, wie sie in Deutschland, Großbritannien, den USA und anderen reichen Ländern aufgelegt worden sind.
https://www.welt.de/vermischtes/article235835208/Corona-Geringere-Wahrs…