"Gott ist tot", verkündete Nietzsche Ende des 19. Jhdts und gilt damit als einer der Modernitätsbegründer.
Die Menschen denken und glauben daran, dass sie, seit Gott für sie tot ist, klüger geworden sind, weil sie ihre Behauptungen mit Begründungen belegen, die wiederum begründet sind uswusf. und in dieser Begründungskette das Argument "Weil Gott es so will/sagte" nicht auftaucht.
Und doch vermisse ich schmerzlich in den Kommunikationen, die unser Leben bestimmen, wie politischen Beschlüssen und Reden, "Massen"-Medien, Alltags-Diskursen und Privatgesprächen, ein Nach-Denken und Nach-Fragen nach Begründungen. Ich lese Formulierungen wie "verheerende" Todeszahlen in Portugal, der Virus "wütet"... nun gut, es würde den Rahmen des Artikels sprengen, die Zahlen ins Verhältnis zu setzen und weitere Ursachen außer dem Virus anzuführen (katastrophales Gesundheitssystem, überaltertete Gesellschaft, Luftverschmutzung ...). Schließlich kann ja auch jeder selbst weiterrecherchieren. Ja, kann ... aber wer tut es? Es ist ein altes politisches strategisches Kalkül, dass man ruhig auch eine Unwahrheit in die Welt setzen kann, denn sie wirkt, auch wenn sie irgendwann zurückgenommen und dementiert werden muss.
Hängen bleiben die Aussagen, einprägsame Begriffe (verheeren, wüten) und Imperative - immer wieder in endloser Perpetuierung gehörte Botschaften wie "Tragen Sie FFP2-Masken - zu Ihrem und anderer Menschen Schutz!". Dann muss es doch wohl auch richtig sein. Plötzlich, huch, lese ich "Bye, Bye FFP2". An diesem Tage suche ich noch im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten nach einer Begründung für diesen Schwenk. Weder in der "Bild" noch in der "Süddeutschen", wo ich über diese Schlagzeilen stolperte, fand ich eine Begründung. Macht nichts. Unsere Welt ist zu komplex: Wir können nicht bei allen "Wahrheiten" nach den Begründungen fragen, da muss man doch mal darauf vertrauen , dass die Politiker, die Journalisten sich gut informiert haben, hinterfragt haben. Darauf vertraue ich, daran glaube ich.
Manchmal wünsche ich mir Gott zurück.